Pilates Übung des Monats
Shoulder Girdle Placement
Pilates Übungen gegen Schulterschmerzen
01. September 2022, von Mag. Maria Felsner
Inhalt
- Unser Schultergelenk
- Schmerzen im Schulterbereich
- Shoulder Girdle Placement
- Die Rotatorenmanschette
- Die Ursache für Schulterschmerzen
- Übung Elevation Depression
- Übung Scapula Isolation bzw. Protraktion Retraktion
- Übung Arm Circles
- Ziel dieser Übungen
- Hilfe bei Schulterschmerzen (Video)
- Fazit
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Unser Schultergelenk
Vielen ist nicht bewusst, wie filigran und beweglich unser Schultergelenk ist. Erst wenn Schmerzen oder Einschränkungen auftreten, beginnt man, sich mit dem Schultergelenk zu beschäftigen.
Um den Schmerzen und Einschränkungen vorzubeugen oder aber auch um chronische Schmerzen zu lindern, vielleicht sogar ganz aufzulösen, gibt es eine einfache, jedoch sehr effiziente Übungsfolge, die ich euch in diesem Artikel vorstellen möchte.
Schmerzen im Schulterbereich
Bei der Suche nach Verantwortlichen für Schmerzen im Schulterbereich, eingeschränkter Beweglichkeit sowie Kopfschmerzen landen wir unter anderem bei der Muskulatur rund um unser Schultergelenk und zwischen unseren Schulterblättern.
Oft kann auch eine Sehnen– oder Schleimbeutelentzündung (Bursitis) der Grund für Schmerzen sein. Eine solche Entzündung kann im schlimmsten Fall zu einem „Impingement–Syndrom“ oder einer „Frozen Shoulder“ führen.
Es sollte daher unser primäres Ziel sein, Schulterschmerzen vorzubeugen oder die Schmerzen aufzulösen, falls bereits Beeinträchtigungen vorhanden sind.
Dies kann in den meisten Fällen nur über gezielte Bewegung erreicht werden.
Shoulder Girdle Placement
Die Übungsfolge Shoulder Girdle Placement setzt sich aus den funktionellen Übungen „Elevation Depression“, „Scapula Isolation“ und „Arm Circles“ zusammen.
Diese 3 Übungen…
- organisieren den Schultergürtel für eine optimal Ausrichtung,
- richten den Oberkörper auf,
- stellen die Verbindung zum Rumpf her,
- lösen Nackenverspannungen und
- verhindern die meisten Kopfschmerzen.
Bevor wir weiter auf diese drei Übungen eingehen, möchte ich euch einen kleinen Einblick in die Anatomie des Schultergelenks geben.
Die Rotatorenmanschette
In den oben erwähnten Übungen ist eine wichtige Manschette, und zwar die Rotatorenmanschette involviert.
Alle Bilder von: Anatomography, CC BY-SA 2.1 JP, via Wikimedia Commons
Da sich die Rotatorenmanschette wie eine Art Kappe um das gesamte Schultergelenk legt, wird diese auch als Muskel–Sehnen–Kappe bezeichnet. Die 4 dazugehörenden Muskeln, m. supraspinatus, m. subscapularis, m. infraspinatus und m. teres minor, sind für fast alle Bewegungen, welche wir im Alltag durchführen, zuständig.
Musculus supraspinatus in Aktion,
Animation von: Young Lae Moon, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons
Der kappenförmige breite Deltamuskel (Musculus deltoideus) bedeckt das Quartett und hält den Oberarmknochenkopf in der sehr flachen Gelenkpfanne des Schulterblatts.
Musculus deltoideus von vorne,
Bild von: Anatomography, CC BY-SA 2.1 JP, via Wikimedia Commons
Wir finden den Einsatz dieser Muskeln in vielen Sportarten wie Schwimmen, Tennis oder bei Ballsportarten, bei denen eine Überkopfbewegung stattfindet.
Es ist wichtig, diese Muskeln nicht nur zu trainieren, sondern auch zu mobilisieren, zu dehnen und auch zu entspannen.
Die Ursache für Schulterschmerzen
Warum ist gerade das Schultergelenk so anfällig für Schmerzen? Und warum sollten wir prophylaktisch unser Schultergelenk trainieren?
Da unser Schultergelenk im Gegensatz zum Hüftgelenk ein muskulär gesichertes Gelenk ist, müssen die Muskeln um dieses Gelenk gestärkt werden.
Das Schultergelenk bietet den größten Bewegungsspielraum aller menschlichen Gelenke. Der Nachteil dabei ist die damit einhergehende geringere Stabilität, die speziell bei Rotationsbewegungen (Drehbewegungen) zu einer Dysbalance führen kann.
Fehlt uns die Stabilität, kann es im schlimmsten Fall zur Luxationen („Auskegeln“) der Schulter oder auch zu Einrissen in den Sehnen wie auch Muskeln kommen.
Auch können degenerative Prozesse wie zum Beispiel Arthrose über eine Dysbalance forciert werden.
Das Impingement–Syndrom ist eine weitere mögliche Ursache für Schulterschmerzen. Bei einer Fehlstellung des Schultergelenkes können Sehnen und Schleimbeutel einklemmt werden.
Durch spezielle Pilates Übungen wie z. B. Shoulder Girdle Placement, Knee Lift, Leg Pull, Protraktion Retraktion im Vierfüßlerstand, Shoulder Roll, Shoulder Screw, u.a. werden die Schultermuskeln nicht nur gekräftigt, sondern auch in ihrer Mobilität unterstützt.
„Veränderung passiert durch Bewegung und Bewegung heilt.“
JOSEPH PILATES
Übung Elevation Depression
Ausführung der Übung Elevation Depression
Meistens führen wir die Übung Elevation Depression in der Rückenlage aus, da wir so das Gleiten der Schulterblätter über ein taktiles Feedback vom Boden besser wahrnehmen können.
Wir achten bei der Übung auch darauf, dass das Becken und die Wirbelsäule neutral sind.
Die Beine werden aufgestellt und die Füße hüftbreit mit dem Boden verankert.
Wichtig ist es nun zu spüren, ob die Hände flach auf dem Boden neben dem Körper aufliegen können und dass der Kopf nicht nach hinten überstreckt ist. Sollte dies der Fall sein, leg einfach ein flaches Polster unter den Kopf und positioniere die Arme etwas weiter vom Körper weg, bis es sich gut anfühlt.
Experimentiere nun mit der Bewegung deiner Schulterblätter:
- In der Einatmung ziehe die Schulterblätter, somit auch den Schultergürtel, zu den Ohren. Dies ist die Elevation.
- In der Ausatmung lass die Schulterblätter zurückgleiten, von den Ohren weg weiter nach unten, bis du eine Dehnung im Nacken wahrnimmst. Dies ist die Depression.
Vermeide es, die Schultern beim Hinabgleiten nach vorne zu runden.
Du kannst bei der Übung mit deinen Händen einen sanften Druck gegen den Boden ausüben, sofern sich dabei dein Brustkorb nicht hebt bzw. der Kopf sich mitbewegt.
Übung Scapula Isolation bzw. Protraktion Retraktion
Ausführung der Übung „Scapula Isolation“ bzw. „Protraktion Retraktion“
Auch diese Übung wird meist im Liegen ausgeübt, kann aber auch im Sitzen oder Stehen gemacht werden.
Experimentiere bei dieser Bewegung mit deinem Schultergürtel sowie deinen Schulterblättern.
Protraktion:
- Löse bei der Einatmung deine Schulterblätter von der Matte, um mehr Raum zwischen diesen zu schaffen.
- In der Ausatmung führe die Schulterblätter in die neutrale Position zurück, mit dem Gefühl, dass sich die Schlüsselbeine öffnen.
Atem–Variation: Du kannst auch in der Ausatmung deine Schulterblätter von der Matte lösen, um mit der Einatmung noch mehr Raum zwischen den Schlüsselbeinen und dem vorderen Brustkorb zu schaffen.
Spiele mit der Atmung und nimm wahr, wie sich der Atemwechsel auf die Bewegung auswirkt.
Retraktion:
- Du kannst in der Einatmung deine Schulterblätter sanft in die Matte sinken lassen und die Schulterblattspitzen dabei leicht zusammenstreben lassen.
- In der Ausatmung lässt du die Schulterblätter in die neutrale Position zurück.
Atem–Variation: Spiele auch hier mit der Atmung und nimm wahr, wie sich der Atemwechsel auf die Bewegung auswirkt. Du kannst in der Ausatmung deine Schulterblätter sanft in die Matte drücken und dabei die Muskulatur zwischen deinen Schulterblättern noch mehr wahrnehmen.
Achte aber darauf, dass du nicht zu aktiv wirst und sich dabei dein Kopf mitbewegt.
Die Bewegung darf nur im Schulterbereich stattfinden. Der Rumpf und Kopf bleiben dabei ruhig.
Übung Arm Circles
Ausführung der Übung Arm Cirlces
Auch hier ist die Ausgangsposition die Rückenlage, Becken und Wirbelsäule sind neutral. Halte die Knie gebeugt, die Füße hüftbreit voneinander entfernt auf der Matte verankert. Bring die Arme lang an die Seiten mit den Handflächen nach unten.
Achtung: Solltest du Schulterschmerzen haben oder in der Bewegung eingeschränkt sein, lege deine Fingerspitzen auf den Schultergürtel, um den Hebel zu verkleinern.
- In der Einatmung strecke die Arme/Ellenbogen zur Decke und nach oben, aber nur so weit, wie die Verbindung zwischen Bauch und Schulterblatt und der Kontakt vom Rippenbogen zur Matte gehalten werden kann.
- In der Ausatmung bring die Arme/Ellenbogen nach hinten parallel zum Kopf und kreise die Arme weiter über die Seite zu den Hüften. In der Einatmung wieder zur Decke und weiter über die Ausatmung kreisen.
¼ der Bewegung geht über die Einatmung, ¾ über die Ausatmung. Sollte die Atmung dich jedoch irritieren, lass sie einfach dazu fließen.
Ändere nach ein paar Wiederholungen die Richtung.
Ziel dieser Übungen
Wie wir nun wissen, ist die Stabilisierung der Schulterblätter wie auch des gesamten Schultergürtels ebenso wichtig wie die Mobilisation und Entspannung dieser Region. Wenn die Stabilität fehlt, besteht die Tendenz, die Nacken– und Schultermuskeln zu überlasten, speziell bei Übungen wie zum Beispiel Side Bend, Push Up oder Leg Pull.
Achte daher immer auf die Stabilisierung der Schulterblätter, unabhängig davon, ob Arme und Wirbelsäule bewegt werden oder nicht.
Da die Schulterblätter keine direkte knöcherne Verbindung zum Brustkorb und zur Wirbelsäule haben, sind sie sehr beweglich. Dies hat den Vorteil, den Armen einen größeren Bewegungsspielraum zu ermöglichen. Sie gleiten nach oben, wenn wir die Arme heben, nach unten, wenn wir sie senken, nach innen und außen und auch nach oben oder unten, wenn wir die Arme rotieren.
Pro Tipp von Maria — Wichtig
Im gesamten Schultergürtel sollte stets…
- ein Gefühl der Stabilität, nicht der Steifheit, aufrechterhalten werden.
- Die Schultern sollten nicht übermäßig nach vorne gerundet oder nach hinten völlig zusammengepresst werden.
- Die Breite des Schultergürtels sollte auf der Vorder– und Rückseite gleichmäßig gehalten werden.
- Die Schulterblätter sollten flach auf dem hinteren Brustkorb aufliegen und über diesen gleiten können, ohne sich von ihm zu lösen.
Fazit
Denken immer daran, dass die Schulterblätter auf Bewegungen der Arme und der Brustwirbelsäule reagieren.
Sei dir auch bewusst, dass die neutrale Position der Schulterblätter von deiner natürlichen Ruheposition abweichen kann.
Verschaffe dir beim Training immer eine ideale Ausgangsposition, welche für deine Anatomie geeignet ist. Sollte sie zu Beginn vom Training zu stark von einer optimalen Ausrichtung abweichen, beobachte, wie sich die Muskulatur dank des effizienten Trainings immer weiter positiv anpasst.
Sei dir auch bewusst, dass wir mit zunehmendem Alter dazu neigen, im oberen Rücken rund zu werden. Dies ist nicht nur schlecht für die Atmung, Stabilität der Wirbelsäule und Gangbild, sondern auch für dein äußeres Erscheinungsbild; kurz gesagt, es lässt dich um einige Jahre älter aussehen.
Aufgabe zum Schluss:
Beobachte in deiner Umgebung, ob ein vitales, frisches Auftreten davon abhängt, ob die Person gut gekleidet, schlank und schön ist oder die eine aufrechte Haltung den Ausschlag gibt.
Du wirst staunen, welche Auswirkung die Haltung auf das Gesamtauftreten und sogar auf das Selbstbewusstsein einer Person hat.
Probiere es aus und lass dich nicht hängen!
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