Pilates Technik erklärt
Pilates & Faszien (1)
Meine erste bewusste Begegnung mit den Faszien
27. Juni 2022, von Mag. Maria Felsner
Mit den Faszien beschäftigen sich nicht nur Trainer und Therapeuten, auch die Medizin, die Psychologie, die Sportwissenschaft und die Schmerztherapie tauchen immer tiefer in die Thematik der Faszien ein und liefern uns fortlaufend neue Erkenntnisse.
Meine persönliche Story zum Thema Faszien
Die erste bewusste Begegnung mit dem Thema Faszien hatte ich vor ca. 20 Jahren. Ich war damals als zweifache Mutter gefühlt sehr fit. Ich fand neben dem glücklichen Mutterdasein meine Erfüllung als Trainerin und Referentin an verschiedenen Instituten.
Auch betrieb ich viel Sport und reiste mit meinen Söhnen regelmäßig in den hohen Norden, um in der Natur die Ruhe zu finden.
Trotzdem bemerkte ich, dass sich mein Körper zunehmend verspannter anfühlte. Ich litt oft unter Kopfschmerzen. Meine Verdauung war unregelmäßig und die Elastizität meines Bindegewebes ließ leicht nach. Generell spürte ich, wie weniger resilient ich im Alltag war.
Ich vertraute meine wahrgenommene Veränderung einer engen Freundin an, die mir auch prompt bestätigte, dass ich etwas überfordert wirke und vielleicht einfach kürzertreten sollte.
Ich war leicht irritiert. Als Trainerin hielt ich meine Kunden durch verschiedenste Trainingsmethoden und Entspannungstechniken fit und agil. Ich war aber nicht in der Lage, mir selbst zu helfen.
Durch Zufall bin ich auf eine begnadete Therapeutin gestoßen, die Rolfing®, eine manuelle Körperarbeit, anbot. Sie machte mich nach der ersten Behandlung auf folgende, mir damals nicht bewussten Dinge, aufmerksam:
- dass sowohl positiver Stress wie auch das Gefühl für andere verantwortlich zu sein, sich negativ auf die Faszien auswirken kann.
- dass der Körper geistige, körperliche und emotionale Spannungen, Traumata abspeichert. Und dass sich dadurch Schmerzen verschieben und die Ursache für diese selten eine Diagnose finden. Und
- dass Rolfing die Funktionsweise meines Körpers und mein geistiges und emotionales Befinden verbessern kann.
„Rolfing ist ein markenrechtlich geschützter Begriff für eine Methode der manuellen Körperarbeit, die ursprünglich als Strukturelle Integration bezeichnet wurde. Sie soll auf das Fasziennetz wirken und den Körper am Ideal der senkrechten Linie in der Schwerkraft ausrichten.“
Wikipedia (2021): Rolfing, [online] https://de.wikipedia.org/wiki/Rolfing [27.06.2022].
Ihr werdet euch jetzt die Frage stellen, was hat Rolfing mit den Faszien zu tun? Und ob Rolfing mir wirklich geholfen hat?
Die zweite Frage kann ich sofort mit einem klaren „Ja“ beantworten. Ich habe nur wenige Sitzungen gebraucht und meine Beschwerden ließen nach. Doch eines war mir gleich bewusst. Massage allein reicht nicht. Ich muss an mehreren Punkten ansetzten, um für den Alltag körperlich wie auch geistig wieder resilienter zu werden.
Die Faszination der Faszien
Einer der Punkte war, die Faszien zu erkunden. Eines vorweg: ich bin noch nicht am Ende meines Wissens angelangt. Einen Teil davon möchte ich euch gerne in diesem und noch weiteren Artikeln weitergeben.
Wie ihr wahrscheinlich schon zwischen meinen Zeilen herauslesen konntet, betreffen uns die Faszien auf mehreren Ebenen. Nämlich auf der körperlichen, geistigen, emotionalen, neurologischen sowie kognitiven Ebene.
Diese unterschiedlichen Zugänge und Ebenen möchte ich nun versuchen, in mehreren Teilen aufzuzeigen. Und zwar so, dass ihr nicht nur einen theoretischen Hintergrund bekommt, sondern ihr auch die Möglichkeit habt, dieses Wissen für euch einzusetzen.
Faszien können Schmerzen auslösen
In diesem Artikel möchte ich aufzeigen, warum Faszien Schmerzen auslösen können und wie wir gegen diese vorgehen können.
Schmerzen in den Faszien entstehen vor allem in den Muskelfaszien, fachsprachlich Myofaszien genannt. Myo steht für Muskel, Faszie steht für Band/Bandage. Auch können Faszien, welche die Organe umgeben (die sogenannten viszeralen Faszien), Schmerzen verursachen. Die Niere beispielsweise kann über ihre fasziale Aufhängung Schmerzen im Bereich des unteren Rückens auslösen.
Hier noch ein weiteres Beispiel. Ist die Plantarfaszie, also die Faszie an den Fusssohlen verhärtet, kann aufgrund des hinteren fasziellen Zugbandes sich dies bis zum Kopf ziehen. Die Folge dieses Zuges sind oft Kopfschmerzen.
Nun könnt ihr vielleicht noch besser verstehen, warum es so wichtig ist, regelmäßig und gerade vor dem Training die Fußsohlen mit einem Faszien– oder Tennisball zu massieren.
Somit kann man gut nachvollziehen, was eine Spannung, verbunden mit der Schwerkraft, Lastwechsel oder kompensatorischen Fehlbelastungen nach Verletzungen, in deinem Körper auslöst und wie sich diese Faktoren gegenseitig beeinflussen.
Ein schönes Bild dazu ist das Spinnennetz. Wird nur eine Verbindung gelöst, verschiebt sich das gesamte Netz. Genauso können wir dies auf unseren Körper übertragen. Knochen und die Wirbelkörper werden durch das myofasziale Gleichgewicht der Spannung am richtigen Ort gehalten.
Anstatt den Körper als stabiles Haus zu sehen, an welchem sich die Muskeln aufhängen, stellen wir uns den Körper als ein unter Spannung stehendes, dreidimensionales Netzwerk vor, in welchem die Knochen, „frei schweben“. Die Faszienforschung beschreibt dies anhand des „Tensegrity“ Modells, auf welches ich in einem meiner nächsten Artikel näher eingehen möchte.
Bleiben wir vorerst beim Faszienschmerz.
Faszienschmerzen entstehen aufgrund von verklebten oder verhärteten Faszien. Funktionelle Faszien sind beweglich und gleitfähig. Bewegen wir uns zu wenig, sind überlastet oder verletzten uns, verfilzen die Faszien. Auch Stress kann ein Auslöser für schmerzhafte Faszien sein. Faszien können so dick werden, dass sie sogar Nerven einengen.
„Ziel von Pilates ist es, den ganzen Körper im Auge zu haben, damit der Körper so geschmeidig wird wie der einer Katze, und nicht so muskulös wie der eines Brauereipferdes.“
JOSEPH PILATES
Hier kannst du unsere LIVE Pilates Stunde zum Thema nachsehen. In dieser LIVE Stunde vertiefen wir die Tipps zum Thema „Pilates & Faszien“.
Warum verkleben Faszien?
In meinen Fall war es so, dass sich meine Faszien aufgrund der körperlich wie auch geistigen Überbeanspruchung verklebt haben.
Weitere Ursachen können sein:
- Dauerstress — dieser führt zu einem chronischen Zustand der Verspannung, auf welchen die Faszien mit Anspannung reagieren und sich verfilzen.
- Seelische Traumata aufgrund von schlimmen Erfahrungen, Schicksalsschläge etc. Man weiß inzwischen, dass Faszien eine emotionale Erinnerung haben, welche sich dann im Körper festsetzt. Krankheiten aller Art können dadurch auftreten.
- Einseitige Belastung und Bewegung z. B. durch Leistungssport oder vielem Bürositzen.
- Unterversorgung von Sauerstoff und Nährstoffen, schlechte Ernährung und Ansammlung von Giftstoffen im Körper wirken sich negativ auf unsere Faszien aus.
- Aufgrund fehlender Tiefensensibilität (Propriozeption) im Bereich der Lendenwirbelsäule.
- Generell ist eine ausgewogene Ernährung sowie die ausreichende Zufuhr an Flüssigkeit die Basis dafür, dass der Säure–Basen Haushalt im Körper stimmt und dadurch die Geschmeidigkeit der Faszien erhalten bleibt.
- Schlafstörungen reduzieren die Ausschüttung vom HG Hormon (Human Growth Hormon). Dieses Hormon ist mitverantwortlich, dass die Faszien gleitfähig bleiben. Der Schlaf sorgt weiters dafür, dass sich die Faszien entspannen können und sich weniger verfilzen.
Die Folge von myofaszialen Schmerzen
Was sind die Folge von myofaszialen Schmerzen?
Myofasziale Schmerzen sind meist Ursache für Rückenschmerzen. Nacken– und Kopfschmerzen, Schmerzen in den Knien, Hüften und Schultern.
Größtenteils sind diese Schmerzen chronisch und schränken aufgrund ihres anhaltenden Bestehens die Lebensqualität und Vitalität des Betroffenen massiv ein. Natürlich können sich die Symptome mit anderen chronischen Schmerzzuständen überlappen.
Typisch für Faszienschmerzen sind:
- Empfindungsstörungen und Schmerzen, welche ausstrahlen.
- Brennende Schmerzen, welche sich oft auch großflächig ausbreiten können.
- Zu Beginn einer Übung fühlt sich zum Beispiel die thorakolumbale Faszie steif an, sie wird jedoch zunehmend in der Bewegung elastischer und schmerzfreier. („Die Fascia thoracolumbalis ist eine Faszie im Lendenbereich, die den Musculus erector spinae umhüllt.“ Wikipedia (2015): Fascia thoracolumbalis, [online] https://de.wikipedia.org/wiki/Fascia_thoracolumbalis [27.06.2022].)
- Wenn Schwung und Lockerungsbewegungen den Schmerz reduzieren.
Fazit: Faszien nehmen viele Stressfaktoren auf. Es sind nicht immer körperliche Belastungen für Faszienschmerzen verantwortlich. Deshalb ist es für uns wichtig, mehr als nur einfache Übungen zu unterrichten. Um den Körper wie auch den Geist resilienter zu machen, sollten weitere Methoden wie Entspannung, gezielte Atmung, gesunde Ernährung, Selbstwahrnehmung und Achtsamkeit mit einbezogen werden.
PS: Mit unserem Pilates Trainingskalender kannst du spielend einfach das regelmäßige Pilates Training in deinen Alltag integrieren und bleibst motiviert.
Liebe Maria, was für wertvolle Informationen! Ich lerne so viel durch dich! Danke dir auch für deinen Bericht aus deinem persönlichen Leben! Ich bin Mutter von 5 erwachsenen kindern und da geriet einiges aus dem lot… Ich danke dir für dein motivierendes Engagement! ❤ Marianne